Mit Molekülen globale Effekte erzielen

André Bardow hat offiziell am 1. April 2020 als Professor für Energie- und Prozesssystemtechnik am Departement für Maschinenbau und Verfahrenstechnik begonnen. Der 45-jährige Deutsche erforscht und entwickelt Technologien zur nachhaltigen Energie- und Materialumwandlung.

von Inken De Wit
Andre Bardow
Prof. Dr. André Bardow

Vor der Coronaviruskrise war geplant, dass Sie ab 1. April vor Ort in Zürich sind. Wie bereiten Sie sich jetzt auf Ihre Aufgaben am D-MAVT vor? Was ist aktuell möglich?

Derzeit sitze ich in Deutschland im Homeoffice fest. Digital bin ich voll arbeitsfähig und stosse so auch schon die ersten Forschungsaktivitäten an der ETH an. Im Moment dominieren aber organisatorische Fragen. Eines steht schon fest: Einen Umzug ins Ausland während einer Pandemie kann ich nicht empfehlen.

Worum genau geht es in Ihrer Forschung?

Wir entwickeln Technologien für nachhaltige Energie und Chemikalien. Hierfür entwerfen wir Computermodelle, die ausgehend von den Molekülen ganze Prozesse und industrielle Wertschöpfungsketten vorhersagen können. Um diese Modelle automatisiert zu testen, kombinieren wir sie mit miniaturisierten Experimenten.

Was fasziniert Sie daran besonders?

Mich beeindruckt immer wieder, wie kleinste Moleküle makroskopische Effekte auf globaler Skala hervorrufen, wie wir es aktuell negativ durch das Coronavirus oder auch beim Klimawandel zu spüren bekommen. Diesen Hebel wollen wir uns positiv zunutze machen, um Energie und Chemie nachhaltig umzubauen.

Welchen Beitrag kann Ihre Forschung zu Fragen des Klimawandels leisten?

Wir arbeiten am Fahrplan für den Umbau unser Energie- und Chemieindustrie. Ein technologischer Schwerpunkt ist die Nutzung des Klimagases CO2 als nachhaltige Kohlenstoffquelle. So entwickeln wir klimafreundliche Wege zu Kunststoffen und Kraftstoffen.

Warum haben Sie sich für die Stelle an der ETH Zürich entschieden?

Die ETH Zürich bietet aus meiner Sicht hervorragende Bedingungen für meine Forschung. Die enge Verzahnung von Energie- und Verfahrenstechnik entspricht genau unserem Zugang zur Forschung. Bei der Arbeit an dieser spannenden Schnittstelle freue ich mich auf die hervorragenden Kolleginnen und Kollegen an der ETH und darauf, das Wissen auch in die Lehre zu transportieren.

Was wollen Sie in den kommenden fünf bis zehn Jahren beruflich erreichen?

Mein Leben hat so viele ungeplante Wendungen genommen, dass ich mir abgewöhnt habe, solche Pläne zu machen: Mein Plan ist, interessante Arbeit zu machen und gute Laune zu haben. Es gibt ausreichend viele grosse Probleme für viele interessante Aufgaben. So liegt der schwierige Teil der Energiewende mit den energieintensiven Industrien erst vor uns!

Was tun Sie zum Ausgleich zu Ihrer Arbeit und um neue Energie zu gewinnen?

Ich verbringe Zeit mit Menschen, die mir wichtig sind. Mit meinen besten Freunden treffe ich mich dazu regelmässig zum Stammtisch per Webkonferenz und war daher sozial schon auf die Zeiten von Corona vorbereitet ;-)

Was empfehlen Sie Studierenden, die eine Karriere in der Forschung anstreben? Welche persönlichen Eigenschaften braucht man?

Zukünftigen Forschenden empfehle ich: Forschen Sie! Schauen Sie, ob Ihnen reale Forschung wirklich Spass macht oder nur die romantische Vorstellung davon. Dabei brauchen Sie aus meiner Sicht keinen Masterplan. Gehen Sie einfach Schritt für Schritt vor.
 

Kurzprofil

  • 2017-heute Direktor Institut für Energie- und Klimaforschung am Forschungszentrum Jülich, Deutschland
  • 2010-2020 Professor und Leiter des Lehrstuhls für Technische Thermodynamik, RWTH Aachen University, Deutschland
  • 2007-2010 Assistenzprofessor für Trenntechnik an der TU Delft, Niederlande
  • 2005-2006 Postdoc am Institut für Polymere, ETH Zürich
  • 2004 Promotion am Lehrstuhl für Prozesstechnik, RWTH Aachen University, Deutschland
  • 2002 Gastwissenschaftler, Polnische Akademie der Wissenschaften, Polen
  • 1999 Diplom-Ingenieur in Maschinenbau, RWTH Aachen University, Deutschland
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