Das grosse Potenzial kleiner Dimensionen
Romain Quidant wird am 1. Juni 2020 als Professor für Nanophotonik am Departement für Maschinenbau und Verfahrenstechnik beginnen. Der 44-jährige Franzose kombiniert Licht mit Nanomaterialien und entwickelt so neuartige Konzepte und Technologien, für Anwendungen in einer Vielzahl von Bereichen von der Biotechnologie bis zur Optomechanik.
Ihre Forschung über nanophotonische Prinzipien kann in verschiedenen Bereichen, einschliesslich Biomaterialien, angewandt werden. Könnten einige Ihrer Erkenntnisse in der aktuellen Coronakrise helfen?
Eine unserer Forschungsaktivitäten konzentriert sich auf die Entwicklung von integrierten nanophotonischen Plattformen, einem so genannten 'Lab-on-a-Chip'. Diese sind in der Lage, spezifische Biomarker in einem einzigen Blutstropfen nachzuweisen, und könnten auch ausserhalb des Forschungslabors, zum Beispiel beim Hausarzt, eingesetzt werden. Während sich unsere Bemühungen bisher auf andere Anwendungen wie die Krebsfrüherkennung konzentrieren, hätten unsere Plattformen das Potenzial, möglicherweise auch in der Coronakrise nützlich zu sein, insbesondere für Schnell-Tests der Bevölkerung.
In welchen anderen Bereichen wird die Nanophotonik eingesetzt?
Nanophotonik ist ein sehr faszinierendes Gebiet. Reduziert man Materie auf nanometrische Dimensionen und lässt sie mit Licht interagieren, weist sie neue Eigenschaften auf, die es in einem grösseren Massstab nicht gibt. Diese einzigartigen optischen Eigenschaften ermöglichen es uns, eine Kontrolle der Licht-Materie-Wechselwirkung zu erreichen, die über das hinausgeht, was mit konventioneller Optik möglich ist.
Ein weiteres einzigartiges Merkmal der Nanophotonik ist ihre Transversalität. In unserer Forschung nutzen wir sie als ein Werkzeug, mit dem wir Herausforderungen in der Physik, aber auch in anderen Disziplinen wie Biotechnologie, Trägheitssensorik und additiver Fertigung angehen. Dies macht unsere Forschung in hohem Masse interdisziplinär und offen für neue Anwendungen.
Sie forschen seit vielen Jahren in Barcelona und bezeichnen sich selbst als Wahl-Katalanen. Warum haben Sie sich jetzt für die ETH Zürich entschieden?
Natürlich war der gute internationale Ruf der ETH Zürich ein wichtiger Faktor. Aber letztlich beruht meine Entscheidung vor allem auf dem einzigartigen akademischen Umfeld der ETH, mit ihrer exzellenten Forschung, hervorragenden Studierenden und dynamischen Innovation in engem Austausch mit der Industrie. Ausserdem freue ich mich sehr darauf, die Schweizer Kultur und Gesellschaft zu entdecken.
Werden Sie am D-MAVT Ihre Forschung vom Institut für Photonische Wissenschaften fortsetzen oder ein neues Thema aufgreifen?
Wir planen zwar, einen wesentlichen Teil der Forschungslinien unserer bisherigen Gruppe beizubehalten, werden aber auch dieses neuartige interdisziplinäre Umfeld nutzen, um mit meinen hervorragenden ETH-Kollegen am D-MAVT und darüber hinaus neuartige Kooperationsprojekte zu initiieren. So sind wir zum Beispiel sehr daran interessiert, neue Brücken mit der äusserst aktiven Biotechnologie-Gemeinschaft an der ETH zu schlagen, die sich über mehrere Departemente erstreckt.
Warum haben Sie sich ursprünglich für Physik entschieden?
Ich schätze, ich habe mich für das Physikstudium entscheiden, weil ich schon immer, die Dinge um mich herum verstehen wollte. Aber die Forschung befriedigt auch mein Bedürfnis nach Kreativität. In diesem Sinne ziehe ich gerne eine Parallele zwischen Wissenschaft und Kunst, da Forschende oft kreative Lösungen für Probleme finden müssen, mit denen sie im Labor konfrontiert werden.
Was können Studierende von Ihnen als Forscher, Dozent und Mentor erwarten?
Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, wie wichtig es ist, die Besonderheiten jedes einzelnen Studierenden zu berücksichtigen. Ich versuche möglichst einfühlsam zu sein und ihnen die bestmögliche Umgebung zu bieten, damit sie über ihre eigenen Grenzen hinausgehen und sich als Studierende, Forschende und auch als Mensch weiterentwickeln können.
Welche persönlichen und beruflichen Qualitäten haben Ihnen bei Ihrer wissenschaftlichen Karriere geholfen und was empfehlen Sie Studierenden, die einen ähnlichen Weg einschlagen wollen?
Meine Empfehlungen an die Studierenden lauten: Träumen Sie grosse Träume und arbeiten Sie sehr hart. Achten Sie aber auch darauf, dass selbst bei Schwierigkeiten der Spass nicht zu kurz kommt.
Kurzprofil
- 2015 ERC-Konsolidierungszuschuss
- ERC Starting Grant 2010
- 2009 Tenure Professor, ICFO und Katalanische Institution für Forschung und fortgeschrittene Studien (ICREA), Spanien
- 2006 Juniorprofessor für Nanoplasmonik, ICFO, Barcelona, Spanien
- 2002 Postdoc am Institut für Photonische Wissenschaften (ICFO), Barcelona, Spanien
- 2002 Doktor in Physik, Universität Dijon, Frankreich
- 1999 DEA (vergleichbar Masterabschluss) in Licht-Materie-Wechselwirkung, Universität Dijon, Frankreich