Lösungen für die Industrie
Seine gesamte wissenschaftliche Laufbahn hat Pavel Hora an der ETH Zürich verbracht. Nun ist der Leiter des Instituts für virtuelle Produktion am Departement für Maschinenbau und Verfahrenstechnik (D-MAVT) offiziell in den Ruhestand getreten. Dieser ist aber schon mit neuen Forschungsaufgaben gefüllt.
Abgesehen von kurzen Stationen bei ABB und der Firma MSC MARC in Palo Alto waren Sie insgesamt 40 Jahre an der ETH Zürich tätig. Zunächst in der ehemaligen Abteilung für Maschinenbauwesen, IIIA, und in den vergangenen 15 Jahren als Leiter des Instituts für virtuelle Produktion (IvP). Was waren Ihre spannendsten Projekte?
Ganz klar die Digitalisierung der Fertigungstechnik. Ich habe diese – vor allem im Bereich der Umformtechnik – von Anfang an begleitet und mitentwickelt.
Eines unserer wichtigsten Projekte war eine Softwarelösung für die Umformung von Blech, das FEM-Programm AutoForm, das wir erstmals 1991 auf einer Tagung des Ingenieursverbands VDI in Zürich vorgestellt haben. Daraus ging später das Spin-off externe Seite «Autoform Engineering» hervor, das heute zu den weltweit führenden Unternehmen für FEM-Softwaretools zur Blechumformung zählt.
Darüber hinaus haben wir noch viele weitere Projekte im Bereich der virtuellen Prozessmodellierung entwickelt, so zum Beispiel für die Materialmodellierung oder die Prozessplanung bis hin zur KI-basierten Qualitätsüberwachung. Ganz wichtig war mir bei all diesen Projekten, dass die Lösungen auch tatsächlich Anwendung finden und die Industrie einen Schritt weiterbringen.
Und was davon hat Ihnen auf persönlicher Ebene am meisten Spass gemacht?
Das Interessanteste war tatsächlich die Entwicklung der digitalen Umformtechnik. Wir haben dank des ausgezeichneten Umfeldes an der ETH Zürich immer die Freiheit gehabt, unsere Ideen zu verfolgen und diese in enger Kooperation mit der Industrie zu verwirklichen. Das war wirklich einmalig.
An welche Situation aus Ihrem Arbeitsalltag werden Sie sich immer erinnern?
Der Moment, in dem wir 1991 bei der VDI-Tagung die enorme Berechnungsgeschwindigkeit unserer Software aufzeigen konnten. Die Vertreter der Automobilindustrie waren begeistert, ganz im Gegensatz zu dem auf Supercomputer spezialisierten Unternehmen CRAY. Es war damals Mitorganisator der Tagung und zeigte sich wenig erfreut über die signifikante Reduktion der Rechenzeit.
Diese Tagung legte übrigens den Grundstein für die heute international etablierten Numisheet-Konferenzen zu Technologien im Bereich der Blechumformung.
Was werden Sie nach Ihrer Emeritierung am meisten vermissen?
Die Möglichkeiten, neue Ideen zu verwirklichen, sowie die grossen Freiheiten und die Eigenverantwortung, die man als Institutsleiter hat.
Was sollten junge Wissenschaftler*innen unbedingt tun?
Neben den wissenschaftlichen Kontakten auch die zur »realen» Welt und der Industrie pflegen. Forschung muss auch einen wirtschaftlichen oder anderweitigen sozialen Nutzen bringen. Das Mass aller Dinge ist nicht allein die Anzahl der Publikationen.
Was sind Ihre nächsten Pläne?
Ich bin zur inspire AG, einem Kompetenzzentrum für Technologietransfer der ETH Zürich, gewechselt und geniesse es, wieder mehr Zeit für technische Aufgaben zu haben. Ausserdem begleite ich noch das Innosuisse-Projekt «Effizienzsteigerung bei der Entwicklung und Optimierung von Werkzeugsystemen zur Fertigung von metallischen Bipolarplatten durch Einsatz neuer Werkzeugkonzepte und neuer prozess-spezifischer Simulationstools».
Was darf auch in Zukunft nicht auf Ihrem Schreibtisch fehlen?
Definitiv eine Tasse Kaffee. Nicht vermissen möchte ich aber auch die täglichen, stets interessanten Diskussionen mit den Doktorierenden und der Industrie.
Prof. Dr. Pavel Hora (65)
Professor für Virtuelle Produktion und Umformtechnik.
Institut für virtuelle Produktion (IvP)
Am D-MAVT: 2005-2020